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Rechtsmissbrauch bei Abmahnung: Massenhafte Abmahntätigkeit durch verschiedene Kanzleien durch Verwendung von Textbausteinen
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Das LG Braunschweig hat mit Urteil vom 08.08.2007, Az.: 9 O 482/07 entschieden, dass eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung dann rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG sein kann, wenn die Geltendmachung eines gerichtlichen Anspruchs dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.
In dem konkreten Verfahren vor dem LG Braunschweig hatte ein Online-Händler für Computerzubehör gegenüber einem Mitbewerber eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ausgesprochen, da auf der Internetseite der späteren Beklagten eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet worden war. Nachdem sich die Beklagte zunächst weigerte, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, zog der Kläger vor Gericht um seine Ansprüche (Unterlassung, Schadensersatz, Aufwendungsersatz) gerichtlich durchzusetzen. Während des Verfahrens gab die Beklagte dann doch noch eine hinreichend strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, so dass die Parteien hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. Insoweit hatte das Gericht bzgl. des Unterlassungsbegehren nur noch über die Kostenfolge zu entscheiden, § 91a ZPO.
Bei der Frage, welche Partei hierbei die Kostentragungspflicht trifft, kommt es maßgeblich auf den bisherigen Sach- und Streitstand an. Da der Kläger ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses mit seinem Unterlassungsbegehren unterlegen wäre, legte das Gericht dem Kläger die Kosten des Verfahrens auf.
Im vorliegenden Fall wäre die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs nämlich rechtsmissbräuchlich nach § 8 Abs. 4 UWG gewesen, da der Kläger im vergangenen ¾ Jahr mehr als 200 vergleichbare wettbewerbsrechtliche Abmahnungen durch verschiedene Rechtsanwaltskanzleien hat aussprechen lassen. Die große Anzahl der Abmahnungen und die Art und Weise beim Ausspruch der Abmahnungen spreche für eine systematische – auf das Gebühreninteresse gerichtete – Abmahntätigkeit der Klägerin.
Erschwerend kam hinzu, dass bei sämtlichen Abmahnungen durch die Klägerin mit denselben Textbausteinen gearbeitet worden war. Die Richter am LG Braunschweig werteten dies als Indiz für missbräuchliche Massenabmahnungen. Die rege Abmahntätigkeit des Klägers lege den Schluss nahe, dass mit wenig Aufwand und ohne Rücksicht auf die dem Einzelfall zugrundeliegenden Umstände immer gleich reagiert werde, gleichgültig ob und welche wirtschaftliche Bedeutung der Wettbewerbsverstoß für die Klägerin tatsächlich habe.
In einer Gesamtschau, d.h. unter Berücksichtigung weiterer Umstände, kann sich hieraus ein Hinweis auf den Rechtsmissbrauch einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung ziehen lassen.